Warum mit einem „Fuck you“ das Leben anfängt…

Ah, ich falle auf den Bürgersteig, und drei Passanten stehen um mich herum.
„Der Penner ist wohl besoffen“, sagt der drahtige Sportler abfällig.
„Ne, der hat einen Stock, wahrscheinlich ist der behindert. H A L L O, V E R S T E H E N S I E
M I C H?“, brüllt seine Freundin.
„Ähm“, sage ich benommen.
„Hilf ihm doch auf“, sagt die ältere Frau.

Diese Situation habe ich einige Male erlebt. Ich habe mich grenzenlos geschämt, hilflos vor Bekannten oder Fremden auf den Boden zu fallen, die Tür nicht öffnen zu können oder mich einzupinkeln. Als Konsequenz habe ich unsere Wohnung weitestgehend nicht mehr verlassen. Mein Bewegungsradius war sehr, sehr klein, was meine Unzufriedenheit steigerte. Natürlich.
Schließlich drängte es mich, diesen Zustand zu überwinden. Leichter gesagt als getan. Mit diesen Schritten habe ich meine Scheu überwunden.

1- Offener Umgang
Ich habe mit meinen Angehörigen gesprochen, dass es für nicht schlimm ist, wenn ich falle. Nach kurzer Pause berappele ich mich und kann wieder aufstehen. Es muss keiner entsetzt neben mir stehen. Die Reaktionen Fremder sind mir weitestgehend egal. Sie kennen mich und meine Situation nicht, warum sollte ich mich vor ihnen schämen.
2- Das Selbstwertgefühl reflektieren
Ich falle oft, was anderen Menschen nicht passiert. Aber ich ein MS-Fighter, damit bewältige ich mehr Herausforderungen als die meisten Mitbürger. Darauf kann ich trotz meiner Handicaps stolz sein.

3- Perspektive wechseln
Ein Wechsel der Perspektive hilft: In bestimmt 95% aller Fälle lachen dich Mitmenschen nicht aus, sondern wollen dir helfen. Der Mensch ist gut. Es gibt also keinen Grund, dich minderwertig zu fühlen. Wenn doch, sagt das mehr über den anderen als dich aus. Lass es dir am Hintern vorbeigehen.

4- Aus Fehlern lernen
Habe ich mir zu viel vorgenommen? Habe ich mich überschätzt? Ein Missgeschick gibt mir die Möglichkeit, aus Fehlern zu lernen. Für die Zukunft kann ich mein Verhalten anpassen.

5- An der Resilienz arbeiten
Resilienz bedeutet, mit Rückschlägen und Krisen umgehen zu können. Wenn ich mich einen kurzen Moment in einer unangenehmen Situation schäme, geht dies vorbei. Einen Tag später erinnere ich mich oft nicht. Darauf kann ich mir etwas einbilden.

Ihr seht, es gibt genügend Gründe für Selbstvertrauen. Wir MSler sind Sieger, weil wir jeden Tag diverse Widerstände überwinden.
Wie geht ihr mit Scham um oder geht euch die Meinung anderer A. vorbei?

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