Niedersachsenklinik, Bad Nenndorf

Ich war noch niemals in Bangkok…

Und bei jetzigem Stand wird sich daran so schnell nichts ändern. Das Klima und Doc Uthoff vertragen sich nicht, und meine Laufleistung harmoniert eher mit weniger ambitionierten Zielen, zum Beispiel Rehakliniken.

2017 ging gar nichts, im wahrsten Sinne des Wortes. Nach etlichen Diagnostikirrungen wurde im Weststadtkrankenhaus gefolgert, dass die MS nach 20 Jahren wieder zugeschlagen hat. Okay, das war mehr geraten (keine eindeutigen Befundeine trotz Lumbalunktion und MRT), aber ich konnte damit arbeiten. Zumindest besser als mit unbekannter Ursache. Die Cortisontherapie  schlug auch an. Ich fühlte ich wie Superman nach Rettung der Welt. Psychisch, physisch konnte ich mir nicht vorstellen, wie ich die 50 Stufen zu meiner Wohnung hochkraxeln sollte. Zum Glück hatte der Sozialdienst eine Idee: Eine Reha bei den Johannitern in Bad Oeynhausen.
Diesen Ort kannte ich nur von der Durchfahrt, um über eine Schnellstraße auf die Autobahn nach Münster zu gelangen. Sexy war anders. Aber ich wollte nicht urlauben, sondern fit werden. Ich googelte die Klinik und wurde sofort fündig. Oje! Schäbiges Ambiente, katastrophale Verköstigung und unfähiges Personal gegen das Gernot Hassknecht wie Mahatma Ghandi wirkte.

Ey, wo wollten die mich hinschicken? Zur Munsters-Klinik? Und richtig! All meine Befürchtungen waren … falsch. Das Essen hatte Restaurantniveau, die Therapeuten waren Spitzenklasse. Nach iitt Wochen konnte ich selbständig 100 Meter laufen. Ein Traum. Selbst der Kurort erwies sich zwar nicht als Minibangkok, aber zumindest als kleines Paderborn.

2022 durfte ich nach Soltau die Lüneburger Heide. Hier bekam ich ein Doppelzimmer. Mit Siegfried. Der Rentner erlitt nach einem Belastungs-EKG einen Schlaganfall und war seitdem halbseitig gelähmt. l9Er hat zwei Töchter Kathrin, Lehrerin, Ulrike Steuerberaterin und einen Schwiegersohn Torben, Fensterverkäufer. Dazu seine Frau Angela, die er allesamt beschäftigte.
Eines Tages fand Siggi seine Brille nicht. Er bat Pfleger Piotr diese in seinem Kleid erschrank zu suchen. Nach einer halben Stunde gab er auf.
„Die muss da sein. Such sorgfältiger!“
„Ich habe jetzt keine Zeit mehr. Such selbst.“
Siegfrieds Gesicht lief rot an. Als Piotr aus dem Zimmer war, kramte er sein Handy aus dem Nachttisch.
„Hallo Kathrin. Mir ist da ein Ding passiert. Die Klinik hat meine e verlegt und dieser blöder Piotr weigert sich, sie zu suchen. Darüber beschweren wir uns bei der Krankenkasse. Besorge mir bitte eine neue Brille.“
„Hallo Torben, mir ist da ein Ding passiert. Die Brille ist weg. Besorgst du mir eine neue und schickst mir sie per Post. Ich habe das schon Kathrin gesagt, aber die vergisstg das bestimmt.“
Denselben Auftrag erhielten Angela eund Ulrike.

„Das vergessen die bestimmt, und ich muss das Musikantenstadl ohne Bild genießen. Scheiße ist das.“ Wütend griff er seine zerfledderte Lektüre Die Macht des positiven Denkens und fuchte weiterhin leise vor sich hin.

Als er abends auf seinem Nachttisch wühlte, fand er ein braunes Etui. Darin gammelte eine Brille. K

„Kathrin, mir ist da ein Ding passiert. Dieser Piotr muss die Brille n auf meinen Nachttisch gemogelt haben. Nein, natürlich beschweren wir uns bei der Kasse. Wer weiß, was die noch alles verklüngeln. Daher schick mir bloß die Ersatzbrille.“

 Es folgten drei ähnliche Telefonate. Besser als das Musikantenstadl.

Ansonsten waren die Therapeuten top, aber zu wenig. Personalmangel halt. Am Tag der offenen Tür kamen 0 potenzielle Bewerber. Das lässt hoffen. Was aber gegen Soltau spricht, ist die Hitze. Im Sommer lädt sich das alte Gebäude auf, dass man sich wie im Backofen fühlt. An Bewegung ist nicht zu denken.

Bad Nenndorf in diesem Jahr hat mir rundum gefallen. In der Außenanlage fischte ein Reiher am Teich. Idyllisch. Die Therapien waren gut und kontinuierlich. Am Ende konnte ich 90 Meter gehen, anfangs 0. Nur das übergriffig hilfsbereite Pflegepersonal meiner Station trübte etwas die Freude. Am letzten Abend wurde ich noch gefragt, ob man mich ins Bett bringen dürfe. Nur gegen Sex. So weit ging die Hilfsbereitschaft doch nicht.


Was sind eure Erfahrungen mit Rehas?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert